Selfie am Rheinfall

 

Geballte politische Macht dem Ehepaar Hurter?

 

Herr und Frau Hurter besitzen bald zwei der neun wichtigsten Politämter im kleinen Kanton Schaffhausen. Das sorgt in der SP für Zündstoff. Dabei sind Politiker-Paare gerade in dieser Partei verbreitet.

von Jonas Schmid

 

Wie viel politische Macht darf sich auf ein Ehepaar konzentrieren? Diese brisante Frage wirft die gestrige Wahl von Cornelia Stamm Hurter in die Schaffhauser Regierung auf. Die nebenamtliche Bundesrichterin und leidenschaftliche Sammlerin von Christbaumschmuck - sie besitzt über 1000 Schmuckstücke - ist die Ehefrau von SVP-Nationalrat Thomas Hurter. Nun ist der Kleinkanton nicht gerade reich gesegnet mit wichtigen politischen Ämtern: Von den fünf Regierungsposten und vier Mandaten im Bundesparlament sind nun zwei bei der Familie Hurter. Rechtlich problematisch ist das nicht.

 

Trotzdem stösst dieses Familienband bei der Linken auf Kritik: Er sehe darin zwar kein juristisches, wohl aber ein moralisches Problem, sagt Daniel Meyer, Präsident der Schaffhauser SP. «Es ist der nächste Schritt in eine quasi feudale Herrschaft.» Das Volk hat Klartext gesprochen und Stamm Hurter gestern der SP-Kontrahentin relativ deutlich vorgezogen. Ehemann Thomas, der seit 2007 im Nationalrat politisiere, müsse sich nun gut überlegen, ob er nicht einen Schritt kürzertrete, «jetzt, da seine Frau im Rampenlicht steht». Letztlich liege die Verantwortung für die Machtballung aber bei den Stimmbürgern, räumt er ein.

 

Vorbehalte hat auch SP-Nationalrätin Martina Munz: Die Machtkonzentration sei ein internes Problem der SVP. Die grösste Partei baue zu wenig geeignete Frauen auf. Die Macht müsse in der Bevölkerung breiter abgestützt sein, fordert sie. «Eine Familie blockiert so über zehn Jahre politische Ämter, die grossen Einfluss auf die Geschicke des Kantons haben.»

 

Hurter sieht sogar Vorteile

Das Power-Ehepaar selbst reagiert gelassen auf die Kritik. Sie könne sich keinen Fall vorstellen, in dem ein Interessenskonflikt entstehen könne, sagt Cornelia Stamm Hurter gegenüber den «Schaffhauser Nachrichten».

 

«Es ist der nächste Schritt in eine quasi feudale Herrschaft.»

Daniel Meyer; SP-Präsident Schaffhausen

 

Als Ehepaar habe man bereits jahrelang Übung darin, Beruf und Privatleben zu trennen. «Bei uns redet keiner dem anderen in beruflichen Angelegenheiten drein, und über Gerichtsfälle äussere ich mich prinzipiell nie ausser bei Gericht», sagte die 55-Jährige. Ehemann Thomas sieht sogar eher die Vorteile einer engen Beziehung: «Die Sensibilisierung für Themen auf Bundesebene und ein intaktes Netzwerk können schneller Ohren und Türen öffnen, wenn es etwa darum geht, in der Bundesstadt für die Interessen des Kantons Schaffhausen zu weibeln.»

 

Das Phänomen der Politiker-Paare ist tendenziell ennet dem Röstigraben und links der Mitte verbreitet: Im Kanton Waadt ist Staatsrätin Nuria Gorrite (SP) mit FDP-Nationalrat Olivier Feller liiert. Auch SP-Ständerätin G&aldine Savary teilt ihr Leben mit einem Politiker, dem Lausanner Stadtpräsidenten Gr4oire Junod. Ein SP-Ehepaar sind Florence Germond, Stadträtin in Lausanne, und Nationalrat Roger Nordmann, SP-Fraktionschef im Bundeshaus.

 

Politischer Ehrgeiz im Doppel

Mehrere Jahre als Nationalräte zusammen waren auch Chantal Galla& und Daniel Jositsch (SP, ZH). Aktuell in der grossen Kammer politisiert das rot-grüne Ehepaar aus Zürich, Min Li Marti und Balthasar Glättli - sie erwarten Anfang Jahr ihr erstes Kind. «Auch in der Politik lernt man sich über den Beruf kennen», sagt Marti. Da Frauen im Gegensatz zu früher nicht auf ihre Karriere verzichteten, gebe es künftig noch häufiger Karriere-Paare. Sie würden natürlich auch am Küchentisch über Politik reden. «Alles andere wäre künstlich.» Interessenkonflikte befürchtet sie aber keine: Diese Frage sei rechtlich klar geregelt.

 

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