Prioritäten des neuen Präsidenten.

 

Der Zürcher SVP-Nationalrat Jürg Stahl ist neuer Präsident von Swiss Olympic. Was ist vom langjährigen Sportfunktionär zu erwarten?

 

Jürg Stahl ist kein grosser Redner oder eine charismatische Führungsperson. Der 48-Jährige aus Brütten überzeugt aber mit enormer Detailkenntnis und sieht sich selbst als ausgesprochener Teamplayer. Der ehemalige Drogist sagt, mit welchen Ingredienzien er den Schweizer Sport würzen will.

 

Die Philosophie

Stahl beendete den Wahltag mit dem Versprechen: «Ich werde die Sportschweiz nicht enttäuschen.» Er spricht von einem Generationenwechsel im Präsidium und im Exekutivrat des Verbandes. Er sehe sich in vielerlei Hinsicht als Sparringpartner, der zulassen werde, dass Exekutive und Verwaltung von Swiss Olympic einen guten Job machen können. Dabei helfe ihm auch die grosse Erfahrung als Ehrenamtlicher. «Aber ich stelle hohe Ansprüche an die Leistungsbereitschaft und die Ehrlichkeit meiner Mitstreiter.»

 

Die Baustellen

Der neue Präsident sieht für Swiss Olympic Handlungsbedarf primär in drei Bereichen: Den Puls von Politik und Verwaltung früher spüren, den Übertritt von Nachwuchssportlern zur Elite besser begleiten und den Support der Mitgliedsverbände bei der Rekrutierung von Trainern intensivieren.

 

Das Lobbying

Stahl sagt, dass der Sport nicht erst tätig werden darf, wenn man von der Politik etwas will. «Wir müssen früher erkennen, wenn aus der Verwaltung und der Politik Gegenwind kommt oder dem Sport Steine in den Weg gelegt werden.» Man könne das Lobbying sicherlich geschickter und strukturierter machen als bisher. Schliesslich geniesse der Sport in der Schweiz hohe Akzeptanz und habe genügend Argumente auf seiner Seite.

 

Der Nachwuchs-Leistungssport

«Unterstützung auf dem Weg zum Podest» lautete Stahls Wahlmotto. Dabei liegt ihm der Nachwuchssport am Herzen. Man verliere in der Schweiz überdurchschnittlich viele Talente. Es brauche massgeschneiderte Lösungen für Schule, Studium und Beruf. Gemeinsam mit Ex-Skirennfahrerin Dominique Gisin arbeitet Stahl an einem Vorsorge-Projekt für Athleten, die ihre Karriere unter- oder abbrechen müssen. Es gehe auch darum, den Ängsten des Umfelds zu begegnen, wenn ein Jugendlicher auf die Karte Sport setzt.

 

Der Spitzensport

Ein wichtiges Anliegen ist Stahl die Wertschätzung der Topathleten, aber auch ihrer Wegbegleiter während der Karriere. «Der erste Trainer von Roger Federer hat damals kaum an die Weltnummer eins gedacht. Seine Arbeit war aber ebenfalls eminent wichtig.» Trainer seien Schlüsselfiguren in jeder Laufbahn, und da könne Swiss Olympic zum Beispiel helfen, dass nicht jede Sportart die Integration von ausländischen Trainern neu erfinden müsse.

 

Die internationale Kooperation

Stahl sagt, dass der Austausch unter Präsidenten von nationalen Dachverbänden bislang eher ein Zufallsprodukt gewesen sei und intensiviert werden müsse. «Die westeuropäischen Länder haben gerade bei der Organisation von Grossveranstaltungen ähnlich gelagerte Problemstellungen.»

 

Der Sport und die Armee

Stahl sagt, er sei massgeblich an der heutigen Lösung mit Spitzensportlern als Zeitmilitär und den 100 WKTagen für den Sport beteiligt gewesen. Er steht einer Ausweitung kritisch gegenüber: «Es ist ein sensibler Bereich. Die Qualität dieser Athleten muss aussergewöhnlich bleiben, schliesslich geht es hier auch um Steuergelder.» Prüfenswert sei hingegen eine Flexibilisierung.

 

Die Geldbeschaffung

Der Präsident bleibt optimistisch, dass das Parlament die geforderten 15 Millionen Franken für den Leistungssport im Gegensatz zum Bundesrat spricht. Allerdings dürfe man das nicht zur Gretchenfrage von Swiss Olympic hochstilisieren. Er sieht beim Sport auch eine andere Mentalität als bei der Kultur und den Bauern, die sich viel weniger schwer damit tun würden, beim Bund als Bittsteller aufzutreten.

 

Die Olympischen Spiele

Stahl glaubt an Olympische Winterspiele 2026 in der Schweiz. Er ist Mitglied der Task-Force von Swiss Olympic. «Wir sind viel besser aufgestellt als bei den zuletzt gescheiterten Anläufen.» Stahl sagt aber auch: «Damit das definitive Projekt eine Chance hat, muss es sehr gut und schweizerisch vernünftig sein.»

 

von Rainer Sommerhalder

 

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